Klares „Nein“ zur Anhebung der Kreisumlage

Fidelis Thywissen, Vorsitzender des Arbeitskreis Wirtschaft Hürth (AWH) und Professor Dr. Jürgen Höser, Vorsitzender der Interessenvereinigung Frechener Unternehmen (IFU), haben sich, in einem gemeinsamen offenen Brief, an Landrat Frank Rock gewandt und sich klar gegen die Mehrbelastung der Kreiskommunen durch eine Anhebung des Kreisumlagesatzes ausgesprochen. Sie befürchten eine Anhebung der Grundsteuer B in den Kommunen. In der „schwersten Haushaltskrise seit Jahrzehnten“ würde eine solche Maßnahme die Existenz vieler Unternehmen im Kreis bedrohen.

Professor Dr. Jürgen Höser (links) von der IFU und Fidelis Thywissen von der AWH haben Landrat Frank Rock in einem gemeinsamen Brief die möglichen Folgen einer Anhebung der Kreisumlage klargemacht. Foto: IFU/AWH

Hier der Brief im genauen Wortlaut:

Sehr geehrter Herr Landrat Rock,
gemeinsam mit dem Kreiskämmerer haben Sie am 8. Dezember 2022 den Entwurf des Kreishaushaltes für die Jahre 2023 und 2024 eingebracht. Der Haushaltsplanentwurf sieht dabei im Ergebnisplan für 2023 Erträge in Höhe von 650.206.100 € und Aufwendungen mit einem Gesamtbetrag von 674.839.750 € und für 2024 Erträge in Höhe von 679.116.300 € und Gesamtaufwendungen in Höhe von 687.459.300 € vor. Nach Planung der Verwaltung sollen die Deckungslücken im jeweiligen Haushaltsjahr durch die Entnahme aus der Ausgleichsrücklage gedeckt werden.

Die Haushaltssatzung im ursprünglichen Entwurf sieht ebenfalls vor, den Kreisumlagesatz von 31,50 % im Jahr 2022 in den Haushaltsjahren 2023 und 2024 auf 33,20 % anzuheben. Nach Berechnungen der Verwaltung entspricht dies – in Kombination mit den gestiegenen Umlagegrundlagen – defacto einer Mehrbelastung für die angeschlossenen zehn Kommunen des Rhein-Erft-Kreises allein für das Haus¬haltsjahr 2023 von etwa 43 Mio. Euro. Als Begründung für die vorgeschlagenen Kreisumlagesatz-erhöhungen dient das strukturelle Defizit des Kreishaushaltes, welches schon ohne die corona-bedingten Lasten besteht. Im Vordergrund stehen hier höhere Personalkosten und Erhöhungen im Sozialbereich.

Durch das Gesetz zur Isolierung der aus der COVID-19-Pandemie und dem Krieg gegenüber der Ukraine folgenden Belastungen der kommunalen Haushalte im Land Nordrhein-Westfalen (NKF-COVID-19-Ukraine-Isolierungsgesetz – NKF-CuIG) sind Kommunen und Umlageverbände verpflichtet, corona- und kriegsbedingte Schäden in ihren Haushalten zu isolieren und in Form eines außerordentlichen Ertrages in die Haushaltsplanungen aufzunehmen. Hierbei handelt es sich lediglich um eine rein bilanzielle Maßnahme, um den Haushaltsausgleich herbeizuführen. Ab dem Haushaltsjahr 2026 erfolgt eine lineare Abschreibung dieser Bilanzierungshilfe über längstens 50 Jahre, sofern nicht von dem Recht Gebrauch gemacht wird, im Jahr 2025 für die Aufstellung der Haushaltssatzung 2026 die Bilanzierungshilfe ganz oder teilweise gegen das Eigenkapital erfolgsneutral auszubuchen.

Aus Sicht der Wirtschaft befinden sich die Kommunen – und dies gilt nicht nur für die Kommunen im Rhein-Erft-Kreis – in der schwersten Haushaltskrise seit Jahrzehnten. Kommunale Handlungsspielräume bestehen kaum noch. Grund dafür sind die seit Jahren stetig steigenden und kommunal finanzierten Aufwendungen für soziale Leistungen und die durch die Finanz- und Wirtschaftskrise wegbrechenden Steuereinnahmen.

So klagen zum einen Kommunen unter dem Stichwort „Konnexitätsausgleich“ über Aufgabenver-schiebungen zu ihren Lasten wie z. B. bei den Kosten für die Flüchtlinge (sei es durch den Bund, sei es durch die Länder) bei gleichzeitig unzureichender Finanzierung der jeweils wahrzunehmenden Aufgaben. Zum anderen klagen kommunale Gebietskörperschaften über eine insgesamt unzureichende Finanzausstattung und zuletzt befinden sich Kreise und kreisangehörige Gemeinden in einem finanziellen Zwangsverband, da über die Kreisumlage die – notorisch unterfinanzierten – Gemeinden ihren Beitrag zur Finanzierung der Kreise aufbringen müssen.

Aus unserer Sicht ist es in der aktuellen Situation dringend geboten, jegliche Mehrbelastung auf kommunaler Ebene zu vermeiden. Da schon die Kommunen im Rhein-Erft-Kreis im Falle einer Umlage-erhöhung durch den Kreis angekündigt haben, unter Umständen gezwungen werden, ihrerseits den Hebesatz für die Grundsteuer B nach oben anzupassen, käme es unweigerlich zu dieser Mehrbelastung. Schon jetzt stehen viele der Unternehmen vor der Existenzfrage und können kaum ihre Verpflichtungen decken, womit die vorhandenen Reserven kontinuierlich sinken und in naher Zukunft aufgebraucht sind. Die unmittelbaren Folgen sind nicht nur Leerstände in den Innenstädten verbunden mit fehlenden Einnahmen auf kommunaler Ebene z.B. bei der Gewerbesteuer, sondern auch zusätzliche Kosten im Sozialbereich. Indirekt würde dies auch den Kreis treffen, da die Umlagegrundlage für die Kreisumlage unmittelbar auf die Steuerkraft der angeschlossenen Kommunen ansetzt. Das strukturelle Defizit würde eher größer werden als mit einer kurzfristigen Erhöhung des Umlagesatzes zum aktuellen Zeitpunkt gewollt. Letztendlich lassen sich die kommunalen Haushalte (und damit auch der Haushalt des Rhein-Erft-Kreises) nur über Wachstumseffekte der Wirtschaft wieder auf den richtigen Weg bringen.

Dies entbindet die kommunale Familie aber auch nicht, schon jetzt über die Optimierung von Prozessen und andere Synergieeffekte zur Entlastung des Haushaltes nachzudenken, weiter zu suchen und umzusetzen. Hier hat der Rhein-Erft-Kreis in der Vergangenheit schon einiges geleistet, weitere Anstrengungen zur Schließung der strukturellen Lücke sind aber notwendig.

In Übereinstimmung mit den Bürgermeistern der angeschlossenen Kommunen sind wir die Meinung, dass das vorhandene Wahlrecht bei der Inanspruchnahme der Rücklage zur Entlastung der Kommunen und damit indirekt der Wirtschaft genutzt werden sollte. Bei einer Gesundung der Wirtschaft lassen sich Rücklagen in naher Zukunft wieder auffüllen und der Generationengerechtigkeit Genüge tun.